Ensor und die Kunsthalle Mannheim anhand zweier Werke

KUMA BLOG

11.06.21
Mathias Listl

Ensor und die Kunsthalle Mannheim anhand zweier Werke

Die Verbindungen zwischen James Ensor und der Kunsthalle Mannheim reichen weit zurück. Als eines der ersten deutschen Häuser widmete ihm das Museum 1928 nicht nur eine Einzelausstellung. Die Kunsthalle gehörte auch zu den ersten Institutionen im deutschsprachigen Raum, die Werke des belgischen Künstlers für die eigene Sammlung erwarben. Nachdem 1925 erste grafische Arbeiten Ensors Eingang in die Museumsbestände fanden, glückte zwei Jahre später auch der Ankauf eines Gemäldes Ensors. Mit La Mort et les Masques (Der Tod und die Masken) gelang es Gustav Friedrich Hartlaub, dem damalige Direktor der Kunsthalle, zudem, eines der bedeutendsten Werke des belgischen Künstlers für die eigene Sammlung zu gewinnen.

Nur sechs Jahre später sollte dieses Gemälde Teil einer Ausstellung sein, mit der die Kunsthalle Geschichte in negativem Sinn schrieb. Denn zusammen mit 85 Gemälden, Skulpturen und Grafiken der Sammlung war es 1933 Teil der Propagandaschau Kulturbolschewistische Bilder. In dieser ersten „Schandausstellung“ überhaupt prangerten die Nationalsozialisten die gezeigten Exponate u. a. als „undeutsch“ und „Verschwendung von Steuergeld“ an. Vier Jahre später kam es dann noch schlimmer: Wie fast 600 weitere Werke der Kunsthalle wurde das Gemälde als „Entartete Kunst“ beschlagnahmt, aus der Sammlung des Museums entfernt und nach Berlin abtransportiert. Auf einer Auktion 1939 in Luzern konnte es schließlich die belgische Stadt Lüttich erwerben. Bis heute ist es Teil der Sammlung des dortigen Musée des Beaux-Arts de Liège, La Boverie.

Wie bei vielen anderen beschlagnahmten Werken gelang es der Kunsthalle nach 1945 auch im Falle von Ensor, eine Art Ersatz für La Mort et les Masques zu erwerben. Auf diese Weise kam mit dem Gemälde Le Coq mort 1956 eines der schönsten Stillleben des Malers aus Ostende in ihre Sammlung.

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