GROSZ "MAX HERRMANN-NEISSE" - NACH DEM BESUCH

Das Gemälde zeigt einen Mann, der in einem Holzsessel mit geblümten Polster sitzt. Mann und Sessel sind leicht schräg nach links gewandt. Beide Arme ruhend auf den Lehnen. Die Beine sind übereinander geschlagen. Der Mann ist klein, der Kopf groß und kahl.
George Grosz, Porträt des Schriftstellers Max Herrmann-Neiße, 1925, Kunsthlle Mannheim © Estate of George Grosz, Princeton, N.J. / VG Bild-Kunst, Bonn 2024 (Foto: Kunsthalle Mannheim / Cem Yücetas)

George Grosz, Porträt des Schriftstellers Max Herrmann-Neiße, 1925, Öl auf textilem Bildträger, Kunsthalle Mannheim (Foto: Kunsthalle Mannheim / Cem Yücetas)

 

 

Die Weimarer Republik und die Neue Frau

Mit der Weimarer Republik öffneten sich in Deutschland den Frauen erstmals viele Tore. Sie durften endlich wählen und gewählt werden und damit die Politik mitbestimmen. Laut Verfassung hatten sie nun grundsätzlich die gleichen Rechte wie Männer. Zwar mussten sie noch immer gegen viele Widerstände und alte Rollenbilder ankämpfen, aber das Selbstbewusstsein der modernen Frau wuchs. Zahlreiche junge Frauen gingen in die Großstädte, um zu arbeiten. Sie waren unabhängig und gingen ohne männliche Begleitung - das war neu - in Cafés und Bars, in Varietés oder ins Kino. Gerade Berlin hatte viel zu bieten.

 

Christian Schad, Sonja, 1928, Öl auf Leinwand, 90 × 60 cm, Neue Nationalgalerie, Berlin

Das Gemälde, das du hier siehst, zeigt eine junge, selbstbewusste Frau. Entsprechend der damaligen Mode trägt sie kurzes Haar. Lässig hat sie die Beine übereinandergeschlagen. Sie raucht und blickt den Betrachter*innen selbstbewusst entgegen. Ähnlich wie bei George Grosz ist der Blick auf die Figur sachlich. Die Frau zeigt keine große Gefühlsregung. Dass sie sich vermutlich im "Romanischen Café", einem angesagten Kunst- und Literatentreff befindet, verrät uns die von dir aus linke Figur im Hintergrund.

 

Beschlagnahmt - Die bewegte Geschichte eines Bildes

 

 

Make: Raumspiele

Max Herrmann-Neiße sagte einmal, dass von allen Porträts, die ihn darstellen, ihm das von George Grosz am liebsten sei. Der Künstler nahm sich für die beiden Gemälde, die er von seinem Freund schuf, viel Zeit. Er bereitete sie mit Zeichnungen und Studien vor. Das erste Gemälde befindet sich heute in der Kunsthalle Mannheim. Das Zweite ist im Museum of Modern Art in New York.

Im Mannheimer Gemälde war es George Grosz sehr wichtig, den Blick ganz auf die Person zu lenken. Der Raum, in dem der Schriftsteller sich befindet, ist sehr eng und kahl. Das rechte hintere Stuhlbein hätte auf dem Podest, auf dem der Mann leicht erhöht sitzt, gar keinen Platz mehr. Es gibt kein Fenster, das die Sicht auf das belebte Berlin freigibt, kein Bild oder Regal an der Wand. Pflanzen tauchen nur als buntes, fein ausgearbeitetes Muster im Sessel auf. Weder Buch noch Schreibmaschine oder Stift deuten darauf hin, dass hier ein Literat sitzt. Die meisten der damaligen Betrachter*innen erkannten den Mann dennoch sofort. Er war eine bekannte Person des öffentlichen Lebens.

Die kleine Figur, die vielleicht etwas schwermütig in dem auffällig geblümten Sessel sitzt, blickt in Gedanken versunken in die Ferne. Auch wer sich nicht mit der Person befasst hat, kann vielleicht etwas von der Neugier, aber auch Schonungslosigkeit und Unerschrockenheit des Schriftstellers und Kritikers erahnen.

 

Experiment Umraum

Was würde sich an der Wirkung und Aussage des Bildes ändern, wenn der Raum, die Sitzgelegenheit oder Farbe und Muster des Polsters anders aussähen? Spiele zwei Szenarien durch und mache dir von deinen Beobachtungen Notizen.

1. Die Vorlage

Nimm das Bild als Vorlage und pause den Umriss der Figur und des Raumes mit Bleistift und Papier ab. Die Umrisszeichnung kannst du kopieren, so dass du mehrere Vorlagen hast.

2. Umgestaltung

Gestalte den Umraum mit Pinsel und Farbe um. Gerne kannst du auch Ausschnitte aus Zeitungen oder Zeitschriften, Tapetenreste oder andere Elemente in dein Bild einkleben.

 

Was du dazu brauchst:

Vorlage: Drucker, weißes Kopierpapier DIN A3 (alternativ DIN A4), weißes Papier zum Abpausen DIN A3 (alternativ DIN A4), Bleistift

Dein Bild: Wasserfarben, Pinsel, Bleistift, Schere, Kleber, Tonpapier, Zeitungsausschnitte etc.