Mit einer „Meisterausstellung“ der bedeutendsten französischen und deutschen Maler des 19. Jahrhunderts eröffnet die Kunsthalle im Dezember 1909 als erstes Museum Mannheims. Ort des Geschehens war der Jugendstil-Bau, errichtet zum 300-jährigen Jubiläum der prosperierenden Industriestadt. Der 31-jährige Gründungsdirektor überzeugte das Mannheimer Bürgertum durch ein visionäres Strategiekonzept. Mit privaten Spenden schuf er eine der ersten öffentlichen Sammlungen moderner Kunst weltweit. Schon im Februar 1910 konnte Wichert das epochale Schlüsselwerk Die Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko von Edouard Manet für 90.000 Goldmark erwerben.
Es folgten Meisterwerke von Monet, van Gogh, Cézanne. Von konservativen Kreisen angefeindet, errang die Kunsthalle Mannheim im Kampf um die Moderne einen legendären Ruf. 1911 gründete Wichert den Freien Bund zur Einbürgerung der bildenden Kunst in Mannheim. Sein Motto war „Kunst für alle“.1914 wurden 7.000 Mitglieder gezählt. Sein zukunftsweisendes Bildungskonzept richtete sich vor allem an die bildungshungrige Arbeiterschaft. Die Akademie für Jedermann offerierte wöchentliche Lichtbildvorträge, Sammlungsführungen und didaktische Ausstellungen. Wichert zielte mit seiner deutschlandweit Furore machenden „Mannheimer Bewegung“ nicht allein auf eine Reform der Institution Museum, sondern auf die positive Veränderung der Gesellschaft: „Durchdringung der Stadt und des Lebens mit der Kunst“.
Meilensteine der Kunsthalle Mannheim
1907 | Zum 300-jährigen Stadtjubiläum Mannheims wird das Ausstellungsgebäude des Karlsruher Jugendstil-Architekten Hermann Billing mit internationaler Kunst eingeweiht. |
1909 | Im Dezember 1909 eröffnet die städtische Kunsthalle als erstes Museum Mannheims. Der Gründungsdirektor Fritz Wichert legt mit kühnen Erwerbungen der französischen und deutschen Avantgarde den Grundstein für eine Modellsammlung der Moderne. |
1910 | Wichert erwirbt mit Hilfe von neun Mannheimer Bürgerinnen und Bürgern Édouard Manets Erschießung Kaiser Maximilians von Mexiko von 1868/69für 90.000 Goldmark. |
1911 | Die Akademie für Jedermann offeriert der Mannheimer Arbeiterschaft ein populäres Bildungsprogramm. Mit didaktischen Ausstellungen und dem Kunstwissenschaftlichen Institut in der Alten Bibliothek sowie wöchentlichen Lichtbildvorträgen im Rosengarten erreicht die Kunsthalle 1913 fast 120.000 Menschen. |
1921 | Mit der Schenkung seiner Lehmbruck-Sammlung initiiert der jüdische Mäzen Sally Falk den deutschlandweit bekannten Skulpturenschwerpunkt der Kunsthalle. |
1925 | Gustav Friedrich Hartlaub erfindet mit der Ausstellung Die neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei nach dem Expressionismus einen kunsthistorischen Epochenbegriff. Der internationalen Abstraktion und Max Beckmann widmet er erste Museumsausstellungen. |
1933 | Die Nationalsozialisten zerstören die Moderne-Sammlung. Beschlagnahmt werden 91 Gemälde, 8 Plastiken und 466 Papierarbeiten. Walter Passarge initiiert eine Sammlung moderner Werkkunst. |
1945 | Nach dem Zweiten Weltkrieg versucht Passarge,durch Rückkäufe und Neuerwerbungen die Lücken der Sammlung zu schließen und erweitert ihr Profil um abstrakte Malerei. |
1962 | Unter Heinz Fuchs erreicht die Kunsthalle mit spektakulären Ausstellungspremieren und dem Ausbau einer internationalen Skulpturensammlung deutschlandweites Renommee. |
1969 | Mit dem Einzug des Großen Fischs von Constantin Brancusi in die Kuppelhalle des Jugendstil-Baus erhält die Kunsthalle ein Symbol. |
1977 | Der Förderkreis der Kunsthalle wächst in den folgenden Jahrzehnten auf knapp 2.000 Mitglieder an und erwirbt für die Sammlung vor allem zeitgenössische Kunst. |
1983 | Der Erweiterungsbau des Mannheimer Architekturbüros Lange Mitzlaff Böhm Müller eröffnet am Friedrichsplatz; 25 Jahre später kann er die internationalen Museumsstandards nicht mehr erfüllen. |
1990 | Manfred Fath gründet einen der ersten ehrenamtlichen Museumsshops und die Ausstellungs-GmbH. So finanziert er publikumswirksame Ausstellungen und Sammlungsankäufe. |
2010 | Der denkmalgeschützte Jugendstil-Bau wird für 22 Millionen Euro, gefördert von Land und Bund, generalsaniert und mitmodernster Museumstechnik ausgestattet. bogner cc. Wien entwickelt ein museologisches Nutzungskonzept für die Kunsthalle. |
2012 | Mäzen Dr. h.c. Hans-Werner Hector, Mitbegründer der SAP, stiftet 50 Millionen Euro für einen Neubau am Friedrichsplatz. Imanonymen Wettbewerb mit 29 internationalen Büros belegt die Hamburger Architektensozietät von Gerkan Marg und Partner vor Volker Staab den ersten Platz. Die private Stiftung Kunsthalle Mannheim übernimmt als Bauherrin die Steuerung von Bauprozess und Budget. |
3013 | Im Oktober 2013 werden die rekonstruierten Tageslichtgalerienmit Dix/Beckmann: Mythos Welt wieder eröffnet. Zum Abschied vom Mitzlaff-Bau führt Nur Skulptur!400 Werke der Sammlung in einer künstlerischen Inszenierung zusammen. |
2017 | Am 18. Dezember übergibt die Stiftung Kunsthalle Mannheim nach knapp dreijähriger Bauzeit den im Budget fertiggestellten Neubau der Stadt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und baden-württembergischer Ministerpräsident Winfried Kretschmann feiern mit. |
2018 | Am 1. Juni eröffnet die neue Kunsthalle mit einer unkonventionellen Neuinszenierung der Sammlung, neuerworbenen ortsspezifischen Werken zeitgenössischer Künstler und der ersten großen Wechselausstellung deskanadischen Fotopioniers Jeff Wall. |